This content is not yet available in English.

Der Bahnschotter mit Vergangenheit und Zukunft

Während der Zug übers Gleis gleitet, denken Fahrgäste kaum je an Schottersteine - die wortwörtliche Grundlage ihrer Reise. Dabei sind diese Schottersteine unverzichtbar für eine stabile Fahrbahn. Doch die Schweiz hat gemäss Prognosen nur noch für rund zehn Jahre Gestein für neuen Bahnschotter. Ein Augenschein im luzernischen Gettnau zeigt, wie die BLS mit dieser Herausforderung umgeht und altem Schotter neues Leben verleiht.
From Colin Cuvit
at 30.09.2025
Haufenweise Schotter liegt auf dem Fabrikareal in Gettnau. Wenngleich der Anblick Kindheitserinnerungen an den Geldspeicher von Dagobert Duck weckt, beim Schotter auf dem Gelände der Firma Makies handelt es sich nicht um Goldtaler. Für Bahnunternehmen wie die BLS ist das dort deponierte Gestein trotzdem eine wertvolle Ressource, nämlich Gleisschotter. Sogar zukunftsträchtiger Recyclingschotter, um genau zu sein. Aber betrachten wir es doch der Reihe nach.

Die Ressourcen gehen zur Neige

Bahnschotter ist unverzichtbar für die Fahrbahn der Züge. Die eckigen Steine verkanten sich ineinander und stabilisieren das darauf liegende Gleis. Sie sorgen damit für eine komfortable Fahrt. Mit der stetigen Belastung durch die Züge nimmt die Stabilisierung jedoch ab. Die Steine werden gespalten, runden sich ab und müssen periodisch ersetzt werden - auf stärker befahrenen Strecken häufiger als auf Nebenstrecken. Für diesen Gleisunterhalt benötigt die BLS jährlich rund 50'000 Tonnen neu abgebauten Schotter aus Steinbrüchen. 

Es wäre zu erwarten, dass gerade im Alpenland Schweiz die Ressource Hartgestein unendlich vorhanden ist. Doch so einfach ist es nicht, erklär Marc Hächler, Leiter Strategisches Anlagenmanagement bei der BLS: «Die Ressourcen aus den derzeit betriebenen, heimischen Steinbrüchen neigen sich dem Ende zu. Um die Versorgung langfristig sicherzustellen, wäre die Erschliessung zusätzlicher Abbaugebiete und damit die Vergabe neuer Konzessionen erforderlich.» 

Neue Konzessionsgesuche werden jedoch zunehmend aus naturschutzbedingten Gründen abgelehnt. Andere Standorte wiederum sind nicht wirtschaftlich oder entsprechen nicht den geologischen Anforderungen. Damit ist klar, Neuschotter ist natur- und konzessionsbedingt nur noch rund 10-15 Jahre verfügbar. 

Mit Recycling-Schotter wieder Kante zeigen

Alternative Lösungen sind also gefragt und hierzu gehört der Recycling-Schotter. Beim auch RC-Schotter genannten Material handelt es sich um Schotter, der aus dem Gleisbett ausgebaut und dann zu spezialisierten Werken, wie der Firma Makies gebracht wird. Dort wird das Gestein gewaschen und dabei von Dreck oder chemischen Bestandteilen wie Öl, Bremsabrieb oder Schadstoffen gereinigt. Dabei entstehen verschiedene Nebenprodukte. Dazu gehört beispielsweise Sand, der teilweise zur Betonproduktion genutzt wird. Die übrigbleibenden «Schlammkuchen» - eine gepresste Masse des unbrauchbaren Materials - werden ordnungsgemäss auf Deponien entsorgt. 

Nach der Reinigung wird das Gestein gefiltert, um kleine Bestandteile auszusortieren, welche die Stabilität im Gleisbett beeinträchtigen würden. Am Ende des Recyclingvorgangs wird getestet, ob der aufbereitete Schotter wieder für den Gleisbau eingesetzt werden kann. Genügt er den Anforderungen nicht, wird er beispielsweise für den Strassenbau zu Split weiterverarbeitet.
 

RC Schotter: Schotterablad in Gettnau
Der Prozess zum Schotterrecycling bei der BLS im Video

Potenzial und Herausforderungen

Bahn frei für den Recycling-Schotter also? Die Hoffnung ist erstmal berechtigt, aber noch gibt es Herausforderungen. Dazu gehören einerseits regulatorische Rahmenbedingungen. So ist der Recycling-Schotter aktuell einerseits erst für die unterste Schicht im Gleisbett zugelassen. Andererseits gilt es für Bahnunternehmen und Steinbrüche Prozesse und Abläufe im gesamten Kreislauf zu testen. Dazu führte die BLS im Jahr 2025 drei Bauprojekte in Bern Fischermätteli, in Därligen und eben in Gettnau durch, um Herausforderungen im Prozess, aber auch das Potenzial des Recycling-Schotters zu erkennen. 

Erste Erkenntnisse stimmen zuversichtlich. Gerade für weniger belastete Nebenstrecken oder Abstellgleise könnten schon bald 60-80 Prozent des gesamten Unterhaltsbedarfs durch Recycling-Schotter gedeckt werden. Sowohl Bahnunternehmen, Lieferanten als auch der Bund sind bereit, die Voraussetzungen zu schaffen, damit dies möglich wird. Entsprechende Revisionen der Abfallverordnung oder die Überarbeitung der baurechtlichen Genehmigungsprozesse sollen die Kreislaufwirtschaft innerhalb der ÖV-Branche fördern. Ausserdem ist RC-Schotter nach ersten Erkenntnissen für den Einbau rund 45 Prozent günstiger als Neuschotter.

Der Einbau von Recycling-Schotter ist ein wichtiger Fortschritt in Richtung nachhaltiger Kreislaufwirtschaft, wenngleich sich analog zu Dagobert Duck ein Sprung in die Steinhaufen nicht empfiehlt. 

 

Geschichten zur BLS

Immer zuerst hinter die Kulissen der BLS blicken
Jetzt abonnieren
Newsletter
Download PDF
0 of 0 Media files