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Seit mehr als 100 Jahren schützen Trockenmauern in den Bergen oberhalb von Goppenstein die Bahn vor Lawinen. Nun verstärkt der BLS-Forstdienst mehrere instabile Mauern, um ihren drohenden Zerfall aufzuhalten. Zu Besuch auf der höchstgelegenen Baustelle der BLS.
Von Matthias Abplanalp
am 28.10.2025
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Die Mineure waren beim Abendessen, als sie von der Lawine verschüttet wurden. Am 29. Februar 1908 sassen zahlreiche Bauarbeiter des Lötschbergtunnels in einem Holzbau in Goppenstein, der ihnen als Hotel und Restaurant diente, als sich 1000 Meter über ihnen tonnenschwere Schneemassen in Bewegung setzten. Sekunden später wurde Goppenstein unter dem Schnee begraben. Die Lawine beschädigte die eben erst gebaute Bahnstation und zerstörte die Unterkunft der Tunnelarbeiter. Zwölf Mineure starben.

Das Lawinenunglück markierte den Beginn intensiver Lawinenverbauungen beim südlichen Ausgang des Lötschbergtunnels. Zwischen 1908 und 1933 schichtete die BLS oberhalb von Goppenstein auf der Faldumalp Hunderte Trockenmauern auf. Einzelne Mauern sind acht Meter hoch. Aneinandergereiht sind sie fast sieben Kilometer lang. Seither wachen die steinernen Riesen über die Menschen und die Bahnstrecke unten im Tal.

Terrassen gegen Lawinen

Trockenmauern terrassieren das Gelände. Sie formen steiles Gelände stufenförmig und verhindern so, dass der Schnee den Hang hinunterrutscht und Lawinen anreissen. Oberhalb der Baumgrenze, wo kein Wald vor Lawinen schützt, waren solche Mauern Anfang des 20. Jahrhunderts die einzige Möglichkeit für Lawinenverbauungen. Gebaut wurde mit dem, was vor Ort verfügbar war – Steine.

Die Trockenmauern auf der Faldumalp ziehen sich auf 2100 bis 2600 Metern über Meer durch die urwüchsige Berglandschaft. Obwohl ihnen die Witterung und das steile Gelände zusetzten, seien viele Mauern noch in sehr gutem Zustand, sagt Nicole Viguier. «Es ist erstaunlich, wie gut diese über 100 Jahre alten Mauern halten.» Nicole ist bei der BLS spezialisiert auf den Schutz der Bahn vor Naturgefahren. Zusammen mit dem BLS-Forstdienst und einem Ingenieur hat sie die Trockenmauern auf der Faldumalp kontrolliert, Möglichkeiten zur Verstärkung zerfallender Mauern besprochen und ein entsprechendes Bauprojekt erarbeitet.

Ein beispielloses Vorhaben

Vor rund 20 Jahren waren letztmals einzelne Mauern saniert worden – mit mässigem Erfolg. «Damals wurden mehrere Mauern einbetoniert», erklärt Andreas Lehner. «Man war der Meinung, dass die Steine fest miteinander verbunden werden müssen, damit sich ja nichts bewegt.» Ein Trugschluss: Die Versteifung unterbindet den Wasserdurchfluss. Der Druck auf die Mauern steigt. Sie stürzen ein. «Unser Ziel ist deshalb jetzt, die Mauern möglichst wenig zu verändern», sagt Andreas.

Andreas Lehner leitet ein kleines Team des BLS-Forstdiensts, das diesen Herbst drei Mauern auf der Faldumalp saniert. Um nicht in die Statik der Mauern einzugreifen, wird einzig das Fundament gestärkt. Die BLS bohrt bis zu fünf Meter tiefe Löcher in den Untergrund und füllt sie mit Armierungseisen und Spritzbeton. So werden die Mauern im Boden verankert. «Solche Arbeiten sind in dieser Höhenlage selten», betont Andreas. «Das ist für alle Beteiligten etwas Neues.»

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6822 Meter Trockenmauern, 2444 Meter Stahlstützwerke und 230 Meter Treibschneewände: Knapp 10 Kilometer Lawinenverbauungen auf der Faldumalp schützen den Bahnhof Goppenstein und rund 500 Meter Schienen vor Lawinen.
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Die Trockenmauern sind bis zu acht Meter hoch. Sie terrassieren das steile Gelände und verhindern so, dass Lawinen anreissen.

Retten, was sich zu retten lohnt

Heutzutage werden keine Trockenmauern mehr zum Schutz vor Lawinen gebaut. «Die ganze Handarbeit – das wäre viel zu aufwändig», sagt Nicole Viguier. «Wir schichten keine Steine aufeinander. Mauern, die wir nicht retten können, lassen wir zerfallen und ersetzen sie durch Stahlbauten.» Auch auf der Faldumalp wurden die Trockenmauern ab den 1970er-Jahren durch Lawinenverbauungen aus Stahl ergänzt.

Aber die Mauern, die noch stabil genug sind, um die Bahn zu schützen, will die BLS so lange wie möglich erhalten. «Wenn man sich regelmässig um die Mauern sorgt, können sie noch lange halten», betont Nicole. Mit der Verankerung, die diesen Herbst an drei Mauern ausprobiert wird, sammelt die BLS Erfahrungen, von denen die nächsten Bauetappen profitieren werden. Noch drei Jahre lang, bis 2028, wird die BLS weitere Trockenmauern sanieren.

Aber zuerst wird die Faldumalp nun wie jedes Jahr, wenn die Tage kürzer werden, in die winterliche Ruhe eintauchen. Und die steinernen Riesen werden wie jeden Winter wachen über die Bahn weit unten im Tal.

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Von der Faldumalp reicht der Blick hinunter ins Lötschental.

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