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Beitrag Lokfhrer 3
Zugfahren bedeutet weitaus mehr, als nur den Hebel zur Beschleunigung zu betätigen. Das wird beim Besuch in der Ausbildungsklasse der angehenden Lokführer und Lokführerinnen rasch deutlich. Wie erleben ein ehemaliger Radprofi, ein Fahrzeugreiniger oder eine Reisebegleiterin ihre Ausbildung bei der BLS? Wir haben nachgefragt und sind dabei nicht nur auf die Verwirklichung eines Kindheitstraums gestossen.
Von Colin Cuvit
am 18.06.2025

«Das isch chli ä Soucheib, wü hingerem Zwerg no ä Handweiche isch», erklärt Samuel Hostettler und beschreibt damit eine offensichtlich etwas spezielle Gleissituation in der Nähe der BLS-Werkstätte Oberburg. Der flapsige Spruch des Referenten sorgt bei der Ausbildungsklasse der angehenden Lokführerinnen und Lokführer für einen kurzen Lacher. Beim neutralen Beobachter ruft er hingegen noch ein paar Fragezeichen hervor. Mit dem «Zwerg» ist ein Zwergsignal gemeint, welches die Freigabe für eine Rangierfahrt anzeigen kann. Dies funktioniert ähnlich wie eine Ampel im Strassenverkehr. So wird der Lokführerin in kompakterer Form die Weiterfahrt oder ein Halt anzeigt. Wie der Name verrät, ist eine Handweiche eine heute nur noch seltene Weiche, die das Lokpersonal von Hand stellen muss.

Einblick in die Lokführer-Ausbildung Sohrab Rahimi

Beitrag Lokfhrer 1
Video: Philip Salzmann

Zugfahren: Mehr als Gas geben und bremsen

Themen wie Signallehre, Streckenkenntnisse oder technische Manöver, die die BLS-Klasse an diesem Morgen bespricht, sind ein zentrales Element der Lokführerausbildung. Die Theorie wird aber nicht nur trocken im Klassenzimmer vermittelt. Im Gegenteil: In verschiedenen Transferaufgaben sind die Lokführerinnen und Lokführer in Ausbildung (LiA) gefordert, sich anhand diverser Fragestellungen ein Bild vom BLS-Netz zu machen, fiktive Strecken zu erstellen und besondere Gleissituationen vor Ort zu begutachten. Anschliessend werden die Aufgaben gemeinsam in der Klasse besprochen, damit alle von den gegenseitigen Erkenntnissen profitieren können.  

Impressionen aus dem Klassenzimmer

Ehemaliger Radprofi nutzt neu den Zug als Tempomacher

«Früher ging ich nicht gerne zur Schule. Aber weil in der Ausbildung theoretische Inhalte mit der Praxis verbunden werden, macht es mir jetzt sogar Spass», erzählt Claudio Imhof. Der Ostschweizer gehört zur aktuellen Ausbildungsklasse, die aus acht Personen besteht. Imhof war bis im Jahr 2024 Radprofi und ist daher bereits mit Höchstgeschwindigkeiten vertraut (siehe Video). Die 160 Stundenkilometer, welche die BLS-Züge zwischen Thun und Bern erreichen, dürften jedoch auch für ihn eine ungewohnte Grössenordnung sein.

Obwohl Imhof wohl der prominenteste angehende Lokführer der Klasse ist, finden sich auch bei den anderen Auszubildenden - davon zwei Frauen - zahlreiche spannende Lebensläufe. Während einige bereits ein halbes Berufsleben in technischen Berufen tätig waren, haben andere eine Vergangenheit als Radiomoderator oder sind als Reisebegleiterin bereits mit der Bahn vertraut.

Claudio Imhof über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Lokführer-Ausbildung und dem Spitzensport

Interview Claudio 1
Video: Colin Cuvit, Philip Salzmann

Von Herat nach Biel - Viele Wege führen in den Führerstand 

Auffällig ist etwa auch der berufliche Werdegang von Sohrab Rahimi. Der aus Herat stammende Afghane begann 2015 als Fahrzeugreiniger bei der SBB. Ermutigt durch eine Bekanntschaft in der Abstellanlage absolvierte er 2022 zunächst die Rangierausbildung. Diese Ausbildung ermöglichte ihm, einzelne Zugmanöver in der Abstellanlage selbstständig durchzuführen. Danach war seine Neugier geweckt und er entschied sich im Jahr 2024 für eine Ausbildung als Lokführer für Personenzüge.

Nachdem er sich bei verschiedenen Bahnunternehmen beworben hatte, fiel seine Entscheidung auf die BLS: «Hier war der Empfang sehr familiär und ich habe mich dadurch von Anfang an wohlgefühlt.» Die gute Stimmung in der Klasse ist auch im Unterricht spürbar. Nachdem Andriy Bandurin, der früher in Orchestern und Musikschulen in Biel, Lausanne und Charkiw (Ukraine) engagiert war, seine Lösung zur Signalisierung der Streckenführung präsentiert hat, werden seine Ideen im Plenum beherzt diskutiert. Man spürt: Die Klasse hat sich bereits nach wenigen Wochen tiefgründiges technisches Know-how angeeignet.

 

Nur ein wenig wie Autofahren 

Sich das relevante Wissen anzueignen, ist schliesslich auch für die Ausbildung insgesamt von grosser Bedeutung. Diese besteht aus einer eher theoretischen Phase, die mit einer Theorieprüfung abgeschlossen wird. Danach folgt die intensive Phase der praktischen Ausbildung, um die Fahrroutine und Prüfungsreife zu erlangen. «Natürlich ist wie beim Autofahren bei den ersten Fahrten noch etwas Nervosität dabei, aber je mehr wir üben, desto normaler wird es werden», erzählt Bruno Santschi, ebenfalls einer der angehenden Lokführer. Claudio ergänzt ihn:

«Es ist aber schon etwas anderes, beispielsweise einen MUTZ mit einem Gewicht von rund 400 Tonnen zu bewegen.»

So oder so ist das Zugfahren weit mehr, als einfach einen Hebel zu betätigen. Zur praktischen Ausbildung gehört nebst der Kenntnis der Eigenheiten der Fahrzeuge auch der Umgang mit besonderen Herausforderungen (Siehe untenstehende Box zum im Simulator-Beitrag). Was ist etwa bei offenen Bahnübergängen oder geschlossenen Signalen zu beachten? Und wie ist mit Störungen am Fahrzeug umzugehen?  

Schon bald in der BLS-Region unterwegs 

Bis zur Abschlussprüfung hat die engagierte BLS-Klasse in den verbleibenden Monaten also noch einiges zu lernen. Die Vorfreude auf den künftigen Einsatz ist allerdings bereits jetzt spürbar. Egal ob im Emmental, im Simmental, Richtung Wallis, nach Biel oder Basel - die Lieblingsstrecken der angehenden Lokführerinnen und Lokführer decken das gesamte BLS-Netz ab. Auf diesem werden sie spätestens ab 2026 Gäste durch die Region fahren. 

Interessiert an der Lokführerinnen- und Lokführerausbildung?

Hier gibt es alle Informationen:

Ausbildung mit Fahrsimulatoren

  • Sim4

    Seit April 2025 verfügt die BLS über eigene Fahrsimulatoren. Sowohl das Lokpersonal in der Ausbildung als auch erfahrene Lokführerinnen und Lokführer können damit in Zukunft spezielle Herausforderungen trainieren, um bei Abweichungen vom Regelbetrieb besser gewappnet zu sein.

    Um gleich zu Beginn Vorurteile auszuräumen: Die bei der BLS eingesetzten Simulatoren haben nur wenig mit den weltweit beliebten Videospielen wie «Train Simulator» oder Flugzeugsimulatoren zu tun. Die Bedienelemente des Geräts entsprechen der Komplexität eines Führerstands eines Personenzuges oder einer Güterlok. Auch die Streckenmodelle sind nah an der Wirklichkeit, auch wenn es kleineren Abweichungen bei den Bahnhofsbezeichnungen und den Anschlussgleisanlagen gibt. So kurvt das Lokpersonal im Simulator beispielsweise durch Friberg statt Fribourg. Treffend animiert ist hingegen die Topografie mit Steigungen und Gefälle. Auch Bahnübergänge oder Signalstandorte sind realitätsnah dargestellt.

  • Sim2

    Dies ist der eigentliche Zweck der Simulatoren. Das Lokpersonal übt damit spezielle Herausforderungen, die in der Realität glücklicherweise selten vorkommen. Dazu gehören etwa das Rangieren auf der Strecke oder die Vorbeifahrt an geschlossenen Signalen. Ebenso kann das Befahren eines geöffneten Bahnübergangs simuliert werden. Mit den neuen Simulatoren wird das Lokpersonal noch besser auf die Herausforderungen des Alltags geschult. Sie ermöglichen während der Ausbildung mehr Training, um diese erfolgreich abschliessen zu können. Die oben genannten Videospiele mögen zwar nichts mit den professionellen Simulatoren zu tun haben, sind aber für den Spass zu Hause eine unterhaltsame Option.

Geschichten zur BLS

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