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BLS-Lokführer helfen im Bündnerland aus

Video: Alvaro Angelucci
Seit mehr als einem Jahr sitzen acht Lokführer der BLS für die Rhätische Bahn im Führerstand. Höchste Zeit für einen Besuch im Graubünden.
Von Helene Soltermann
am 15.07.2025
Am Anfang hatte es ihn hart im Bündnerland. Mehr als 200 Kilometer weit weg von Bern. Alles war neu, alles war fremd, seine Freunde liess er daheim zurück. Als Lukas Blatter das Angebot gesehen hat, war für ihn aber von Anfang an klar: Hey, das mache ich! Und so hat sich der 30-jährige Lokführer gemeldet, als die Rhätische Bahn (RhB) bei der BLS Lokpersonal suchte, um im Bündnerland auszuhelfen. 
Lukas’ Entscheidung war richtig. Das merken wir ihm sofort an, als wir ihn am Bahnhof in Chur treffen. Sonnenbrille, rotes Hemd, schwarzes Gilet mit dem weissen RhB-Schriftzug über der Brusttasche, zackiger Gang. Er nimmt uns mit auf seine heutige Tour. Zwar fährt er nicht seine Lieblingsstrecke mit dem bekannten Glacier Express Richtung Andermatt. Heute pendelt er zwischen Chur und Thusis. Im Führerstand spätestens ist offensichtlich, dass sich Lukas hier wohl fühlt. Neben der Strecke fliesst der Rhein. Der Fluss ist so blau wie der Brienzersee, links und rechts flankieren die Bündner Berge die Aussicht. 
 

Aus der Komfortzone ausgebrochen

Für den Wechsel des Arbeitsplatzes ist Lukas von Bern nach Landquart gezogen, die neue Wohnung hat ihm die RhB vermittelt. Der Wechsel passte damals ganz gut in Lukas’ Leben: Er wohnte übergangsmässig bei seinem Vater, nachdem er gerade aus einer WG ausgezogen war. «Der Wechsel zur RhB war zwar ein Schritt ins Ungewisse», sagt Lukas rückblickend. Er hat sich aber bewusst dafür entschieden. Etwas Neues erleben, aus der Komfortzone herauskommen und daran wachsen. 

Ausbezahlt hat es sich. Lukas hat sich schnell mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen angefreundet und einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Auch in der Freizeit unternimmt er viel mit ihnen. «Wir sind schon fast eine Familie geworden.» Er gehe nun viel offener auf Menschen zu. Auch das Bündnerland gefällt ihm. Es laufe alles gemächlicher als in Bern oder Zürich. «Nur der Wind, der jeden Nachmittag durchs Tal zieht, nervt», sagt er und lacht. Heute stört der Wind nicht, denn es ist sonnig und warm. 

Noble Fahrten

Insgesamt helfen acht BLS-Lokführer während zwei Jahren bei der RhB aus. Dafür wurden sie zu Beginn ihres Einsatzes im Bündnerland fünf Monate lang in Praxis und Theorie ausgebildet, um die Züge und die Strecken der RhB fahren zu können. Der grösste Unterschied zwischen den beiden Bahnen ist die Spurweite: BLS-Züge fahren auf normalspurigen Gleisen, RhB-Züge auf den schmaleren Meterspur-Gleisen. RhB-Züge schlängeln sich durch Bergregionen und sind weniger schnell unterwegs als BLS-Züge, die vorwiegend im Flachland unterwegs sind. Auch die Bremsen funktionieren unterschiedlich. Die Rhätische Bahn setzt hauptsächlich auf Vakuumbremse, während die BLS Druckluftbremsen verwendet.

Am liebsten fährt Lukas mit dem Glacier Express von Chur nach Disentis. «Im Glacier fühle ich mich nobel», sagt Lukas und lacht. Der Glacier Express werde mit einer Lok gezogen, es sei gemütlich, man habe weniger Zeitdruck als auf anderen Linien. «Wenn dann noch die Sonne scheint, hat man vorne im Führerstand sowieso gewonnen.» Wir finden: Gewonnen haben wir auch schon bei der Mitfahrt im weniger noblen elektrischen Triebzug namens «Capricorn», in dem wir zusammen mit Lukas dem Rhein entlang nach Thusis fahren. 

Zusammenarbeit in der Branche bringt allen Bahnen etwas

Nicht nur die RhB hat bei der BLS Lokpersonal ausgeliehen. Etwa ein Dutzend Lokführer standen im letzten Jahr auch bei der Südostbahn (SOB) und beim Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) im Einsatz. Das war aber keineswegs ein Abwerben unter Konkurrenten, sondern eine Zusammenarbeit, bei der beide Seiten etwas gewinnen. Denn Anfang 2024 hatte die BLS eher zu viel Lokpersonal, RhB und Co. hatten hingegen zu wenig Personal im Führerstand. 
  • Bei der SOB waren vier Lokführer der BLS ab April 2024 für ein Jahr im Einsatz. Einer davon ist Lukas Bannwart. Er ist oft am Bahnhof Schachen durchgefahren. Schachen? Liegt doch auf der Strecke zwischen Wolhusen und Luzern und damit im BLS-Gebiet? Nein, Lukas posiert nicht vor dem BLS-Schachen, sondern vor dem SOB-Schachen – dieses Schachen liegt in der Gemeinde Herisau im Kanton Appenzell Ausserroden.
  • Nein, hier ist nicht irrtümlicherweise ein Ferienbild reingerutscht. Vielmehr zeigt es Roger Bigler. Er ist ebenfalls einer der vier Lokführer, der bei der SOB ausgeholfen hat. Während seines Ausseneinsatzes verband Roger die Arbeit mit seinem Hobby: Er wohnte im eigenen Wohnmobil auf einem Campingplatz in Steinen am Lauerzersee. Vom Schlafplatz sah Roger direkt auf die Gotthardlinie und damit seinen damaligen Arbeitsplatz.
  • Stephan Rieder ist einer der sieben Lokführer, die temporär in den Führerstand der orangen Schwester RBS wechselten. «Das Streckennetz wirkt klein und fein, hat aber gefühlte 1000 Ausnahmen», sagt Stephan Rieder. Besonders gefreut habe ihn, dass er bei der RBS von seinem Mitschüler aus der Primarschule ausgebildet wurde. «Da kamen viele Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit auf.» Mit dem Ausseneinsatz bei der RBS schliesst sich der Kreis für Stephan: Sein Vater war in den Sechzigerjahren Kondukteur bei der damaligen Solothurn–Zollikofen–Bern-Bahn. Und er ist unweit des Depots aufgewachsen und kannte so bereits einige Mitarbeitende der RBS-Vorgängerbahn.

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