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Geschichte

Die Geschichte der Ramsei–Sumiswald–Huttwil-Bahn RSHB

Die Bahngeschichte der Schweiz hängt eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes sowie dem politischen Umfeld Europas zusammen. Davon zeugt die bewegte Geschichte der Ramsei–Sumiswald–Huttwil-Bahn (RSHB).

Die Geschichte der RSHB

Aufbruchsstimmung um die Jahrhundertwende

Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert herrschte vielerorts Aufbruchstimmung. Der Glaube an die Technik war beinahe grenzenlos, Alles schien machbar, jedes Problem lösbar, und die Menschheit sah eine goldene Zukunft vor sich.

Jede Region, die bis anhin ohne Bahnanschluss dastand, wälzte deshalb grosse Pläne, galt es doch den Anschluss an die grosse weite Welt auf keinen Fall zu verpassen. Eine Stadt wie Zürich, die bereits seit 1875 ihren Hausberg Uetliberg mit einer Bahn erschlossen hatte, stand als leuchtendes Vorbild da.

Ein weiteres positives Beispiel stellte die 1899 eröffnete Verbindung von Burgdorf über Hasle-Rüegsau, Konolfingen nach Thun dar: Gleichermassen innovativ wie mutig setzte die damalige Burgdorf–Thun-Bahn von Anfang an auf elektrischen Betrieb – lediglich der Abschnitt von Burgdorf bis Hasle-Rüegsau stammte bereits aus dem Jahre 1881. Zur Anwendung gelangte das als hochmodern geltende Drehstrom-System, welches allerdings eine komplizierte zweipolige Fahrleitung erforderte.

Doch blenden wir zurück in die Zeit der Jahrhundertwende: Die europäischen Grossmächte, die USA und Japan stehen sich als Konkurrenten um die Aufteilung der Welt und der Märkte gegenüber. Zahlreiche Länder besitzen rund um die Welt zum Teil riesige Kolonien.

Die Industrialisierung ist gewaltig auf dem Vormarsch – allerdings verbunden mit sozialen Spannungen. In den Haushalten der Grossstädte hält sukzessive der elektrische Strom Einzug, zuerst hauptsächlich zur Beleuchtung. Albert Einstein stellt 1905 seine Relativitätstheorie vor und krempelt damit das bis anhin geltende physikalische Weltbild um. In der Verkehrs- und Kommunikationstechnik vollziehen sich rasante Entwicklungssprünge. Land und Wasser stellen nun endgültig keine Hindernisse mehr dar.

1901 siegt ein Daimler-Auto im Langstreckenrennen rund um Nizza und trägt den Namen «Mercedes» in alle Welt. 1906/07 brummt das Zeppelin-Luftschiff LZ3 über schweizerisches Bodenseegebiet. Die helvetische Zurückhaltung Neuem gegenüber macht jedoch erst schlapp, als das 135 Meter lange Luftschiff LZ4 am 1. Juli 1908 eine «Schweizerfahrt» absolviert. Die zwölfstündige Tour führt vom Bodensee nach Luzern und zurück: LZ4 wird dabei von einem mitfliegenden Reisenden euphorisch als «Eroberer des Luftozeans» bezeichnet.

Just einen Monat vorher, am 1. Juni 1908, gibt es nördlich von Luzern ein anderes Ereignis zu feiern: Die Einweihung der Ramsei–Sumiswald–Huttwil-Bahn (RSHB).

24,5 Kilometer in 18 Jahren

Die Vorgeschichte der RSHB reicht allerdings bis ins 19. Jahrhundert zurück. 1890 wurden gleich zwei Gesuche für eine Bahnlinie von Ramsei nach Sumiswald eingereicht. 1891 folgte das Gesuch für eine Bahn von Bern via Worb und von Sumiswald nach Huttwil. Offenbar fanden sich aber für alle drei Projekte nicht genügend Geldmittel.

Im Frühjahr 1897 konkretisierte sich die Idee, eine Eisenbahn von Goldbach-Ramsei nach Huttwil zu bauen und nun reichte es sogar für eine Konzession. Vorerst noch offen blieb dabei die Frage, ob die Strecke via Sumiswald oder Wasen im Emmental führen werde.

Selbst nachdem am 16. April 1904 im Restaurant Hirschen in Grünenmatt die konstituierende Versammlung – mit der Bekanntgabe, dass ein Aktienkapital von 2'044'500 Franken gezeichnet worden war – der RSHB stattgefunden hatte, blieb die Ungewissheit über die definitive Linienführung bestehen. Das blieb selbst dann noch so, als der Grosse Rat des Kantons Bern im November 1905 einen Kredit von 1'768'000 Franken sprach. Letztlich obsiegte dann aber das Projekt Ramsei–Sumiswald–Grünen–Huttwil (19,5 km), mit Abzweigung in Grünen nach Wasen (5 km).

Nach dem Landerwerb und der Arbeitsvergebung an die Zürcher Firma Müller, Zeerleder & Gobat konnte am 22. Juni 1906 mit dem Bau des normalspurigen Trassees begonnen werden. Grösstes Tiefbauprojekt stellte der 210 Meter lange Wyler- oder Sumiswald-Tunnel dar, welcher kurz nach der Station Sumiswald in Richtung Huttwil liegt.

Ursprünglich sah man vor, die vier Grüne- und die zwei Rothbach-Bücken als Stahlkonstruktionen zu bauen. Wegen der hohen Stahlpreise mussten sie jedoch als Betonbrücken erstellt werden. Der Schotter stammte aus einem in der Nähe liegenden Steinbruch.

Nach Abschluss der Bauarbeiten ergaben sich im Vergleich zum Voranschlag von 3'021'000 Franken totale Ausgaben von lediglich 2'718'532 Franken; man wusste also zu sparen.

Als Tag der Betriebseröffnung gilt der 1. Juni 1908. Die Geschäfts- und Betriebsführung der RSHB lag übrigens von Beginn an bei der Langenthal–Huttwil-Bahn (LHB).

Beschaffung von Lokomotiven, Personen-, Gepäck-, Post- und Güterwagen

Bei den Lokomotiv-Bestellungen machte sich die RSHB die bereits vorliegenden Erfahrungen der benachbarten LHB und Huttwil–Wolhusen-Bahn (HWB) zunutze. Dort standen bis anhin E 3/3 im Einsatz. Die RSHB gab bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur drei wesentlich stärkere und auch schnellere Maschinen vom «Mogul»-Typ 1'C in Auftrag: die Ed 3/4 21-23.

Gleichzeitig übernahm die RSHB für ihre Stichlinie nach Wasen – bei welcher man lediglich mit Zügen von 70 Tonnen Anhängelast sowie einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 25 km/h rechnete – die E 3/3 7 der HWB. Bereits 1916 trennte sich die RSHB jedoch wieder von dieser Maschine und verkaufte sie nach Frankreich.

Die Schweizerische Industrie-Gesellschaft (SIG) in Neuhausen am Rheinfall lieferte sowohl schwere Personen- als auch kombinierte Gepäck-/Postwagen an die RSHB. Bei den Güterwagen kam ebenfalls die SIG zum Zuge - im wahrsten Sinne des Wortes!

Sparen mit Dampfbetriebwagen

Bereits 1910 erwähnt der RSHB-Jahresbericht missliche finanzielle Verhältnisse, beziehungsweise ausstehende Rechnungen. Als Folge davon, drängte sich eine Verbilligung des Betriebes auf. Zudem mussten im Fahrplan grössere Lücken geschlossen werden.

Berechnungen zeigten, dass mit Dampftriebwagen geführte Züge erheblich billiger wären als solche mit einer Lokomotive. Entsprechende Triebwagen standen damals schon bei der Uerikon-Bauma-Bahn (UeBB), der Rorschach-Heiden-Bergbahn (RHB) und der Régional Saignelégier-Glovelier (RSG) erfolgreich im Einsatz.

Die RSHB wagte deshalb eine Neuinvestition und bestellte bei der SLM in Winterthur zwei Dampftriebwagen: die CFZm 1/3 31 und 32. Beide besassen je ein Raucher- und ein Nichtraucherabteil 3. Klasse sowie je ein Gepäck- und ein Postabteil. Bilder belegen jedoch, dass die Nummer 31, zumindest eine Zeit lang, als CZm 1/3 angeschrieben war – also ohne Hinweis auf ein Gepäckabteil.

Weil die Dampftriebwagen einmännig gefahren werden konnten – der Lokführer übernahm zugleich die Aufgabe des Heizers – und weil sich der Kohlenverbrauch um mehr als die Hälfte reduzierte, sanken die Ausgaben erheblich. Gemäss Statistik wurden 67% aller RSHB-Fahrleistungen durch diese zwei Dampftriebwagen erbracht.

Als nachteilig erwies sich die geringe Anzahl Sitzplätze (28, später 40), die niedrige Leistung sowie die Höchstgeschwindigkeit von lediglich 45 km/h. Damit letztere nicht noch weiter sank, wurde darauf geachtet, dass die Triebwagen möglichst allein oder nur mit geringer Anhängelast verkehrten.

Weil die RSHB jetzt auf eine ihrer Ed 3/4-Lokomotiven verzichten konnte, wechselte im Jahre 1912 die Nummer 23 zur LHB, wo sie die Nummer 12 erhielt.

Von der Dampf- zur Motorlokomotive

Nachdem die Huttwil–Eriswil-Bahn (HEB) 1927 in der Langenthal–Huttwil-Bahn (LHB) aufging, ersetzte die RSHB ihre beiden Dampftriebwagen im Jahr 1932 durch zwei ähnliche, aber noch weniger verschlissene Exemplare der ehemaligen HEB. Sowohl bei der HEB als auch bei der LHB und RSHB trugen diese Fahrzeuge die Nummern 41 und 42.

Den älteren zwei RSHB-Triebwagen baute man daraufhin ihre Dampfausrüstung aus und rüstete sie in normale zweiachsige Personen-/Gepäckwagen um (CF 14 und 15, später CF 234 und 235). Anzumerken bleibt, dass bereits in den 1930er Jahren die LHB den Betrieb auf RSHB, LHB und HWB abwickelte und auch das Rollmaterial aller drei Bahnen auf dem gesamten Netz einsetzte.

Das hiess nichts anderes, als dass ein Dampftriebwagenkurs durch einen lokomotivbespannten Zug ersetzt und geführt werden konnte. Mit Vorteil kamen dabei die ebenfalls einmännig bedienbaren sowie Kosten sparenden LHB-«Motorlokomotiven» Ed 2/2 1 und 2 aus dem Jahre 1931 zum Einsatz - eine «Motorlokomotive» stellt ein Mittelding zwischen einem Dampftriebwagen und einer herkömmlichen Dampflokomotive dar.

Unterhalten und revidiert hat man die RSHB-Dampftriebwagen und -loks anfänglich in der Depotwerkstätte Sumiswald. Seit den 1920er Jahren sind diese Arbeiten jedoch in der grösseren Werkstätte Huttwil durchgeführt worden. Mit der Ec 3/3 5 der HWB tauchte 1936 eine dritte «Motorlokomotive» im Grossraum Huttwil auf.

Im Jahre 1939 verkehrten werktags auf der RSHB-Strecke Ramsei-Sumiswald elf Zugspaare, von Sumiswald nach Huttwil deren sieben und von Sumiswald nach Wasen sechs. Wer einen Zug verpasste musste also lange auf den nächsten warten. Das war bereits 1908 so, als die RSHB ihren Betrieb aufnahm: Damals rollten auf der Linie Ramsei-Sumiswald zehn Zugspaare, von Sumiswald nach Huttwil deren fünf und von Sumiswald nach Wasen auch fünf.

«Der Mohr kann geh'n»

Die RSHB-Dampftriebwagen 41 und 42 hielten sich bis zur Elektrifikation in den Jahren 1945/46 und wurden dann ebenfalls ihrer Dampfausrüstung beraubt und in kombinierte zweiachsige Personen-/Gepäckwagen umgebaut (CF 236 und 237).

Heute existiert in der Schweiz mit dem jahrzehntelang bei der Uerikon-Bauma-Bahn im Einsatz gestandene CZm 1/2 31 nur noch ein einziger Dampftriebwagen. Das betriebsfähige Fahrzeug mit Jahrgang 1902 befindet sich im Besitz der Stiftung SBB Historic.

1946 kam zudem das Aus für die drei 1908 von der RSHB in Betrieb genommenen Dampflokomotiven Ed 3/4 21-23: Zusammen mit zwei weiteren Emmentalern-Ed 3/4 verkaufte man sie 1946 nach Frankreich an die Usines Schneider in Le Creusot, wo sie im Laufe der 1950er Jahre ausrangiert und abgebrochen wurden.

Der Madiswiler Dichter Jakob Käser widmete den ins Ausland veräusserten Dampflokomotiven folgende Zeilen:

«Hütt, wo me vo dr ganze Wält
gseht Schwyzer umecho,
mues i zum Dank für trüje Dienscht
my’s Heimatland verloh.

Do ds liebe Tal u d’LHB
vergisst me nid so gschwing.
I bliben ou im frömde Land
gäng ds Uslandschwyzerching.

I cha nümm Schritt ha mit dr Zyt.
Bi nümme gleitig gnue,
drum hei mi d’VHB verchouft,
grad wie nen alti Chue.

Do isch alls elektrifiziert.
Mi bruucht mi nümmemeh.
Drum bhüet die Gott, liebs Schwyzerland,
wenn i di nüm sött gseh!

Wie hei die Ougen albe gglänzt,
wenn i bi düregfahre!
Und jeze ghört men oppe no:
s’isch halt en alte Chare!

Mir hei so mängs Johr Tag für Tag
di Züg desumegschleipft.
Jez chöi mer froh si, wenn e Blick
dr alt, schwarz Körper streipft.

Mir göh nach Frankrych. - Adie Schwyz!
Undank isch üse Lohn,
und üsi Zukunftsarbeit ghört
der frömde Nation.»

Von Fusionen und Elektrifikationen

Auf den 1. Januar 1944, also mitten in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, schlossen sich die LHB (Langenthal–Huttwil-Bahn), die HWB (Huttwil–Wolhusen-Bahn) sowie die RSHB (Ramsei–Sumiswald–Huttwil-Bahn) zur VHB (Vereinigte Huttwil-Bahnen) zusammen. Die HEB (Huttwil–Eriswil-Bahn) ging bereits am 1. Januar 1927 in der LHB auf.

Die neu gegründete VHB ging zudem mit der EBT (Emmental–Burgdorf–Thun) einen Vertrag zur Betriebsführung ein. Notwendig wurde dies, weil die Gelder für die 1945/46 durchgeführte Elektrifizierung nur unter dieser Bedingung gesprochen wurden. Die Einführung des elektrischen Betriebs auf der ehemaligen RSHB erfolgte in zwei Etappen: Auf die Strecke Ramsei–Sumiswald-Grünen–Wasen im Emmental am 7. Oktober 1945, folgte am 12. April 1946 der Abschnitt Sumiswald-Grünen–Huttwil.

Gut 50 Jahre später, am 1. Januar 1997, drehte sich das Fusions-Karussell weiter: Aus den drei Unternehmen EBT, SMB (Solothurn–Münster-Bahn) und VHB entstand der Regionalverkehr Mittelland (RM) welcher sich aktiv an der S-Bahn Bern beteiligte.

Eine weitere Fusions-Runde erfolgte 2006: Am 22. Juni 2006 stimmten die RM-Aktionäre, einen Tag später diejenigen der BLS AG dem Projekt zu, aus beiden Bahnen ein einziges Unternehmen zu machen - die heutige BLS. Erfolgreich abwehren konnte die BLS übrigens bis dato alle im Laufe der Zeit diskutierten Übernahme-Avancen der SBB.

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